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Reisebericht zu Andalusien→Costa de la Luz→Conil Cabo Roche

Unser Glückstreffer. Ferienwohnung am Cabo Roche bei Conil

Foto Conil Cabo Roche Strandstimmung

Auf der Suche nach einer neuen Unterkunft suchen wir auf eigene Faust die Küste südlich von Novo Sancti Petri ab. Roche böte sicher Privatunterkünfte, die Umgebung erscheint uns aber zu steril. In Conil de la Frontera finden wir einige ansprechende Ferienwohnungen oder Campingplätze, im März sind aber die meisten noch geschlossen. Erst als wir fast schon aufgegeben haben, finden wir im Restaurant Cabo Roche unsere Traumferienwohnung.

Bisher hat sich unsere Suche auf eigene Faust nach einer neuen Unterkunft als ziemlich glücklos erwiesen, dennoch wollen wir noch nicht aufgeben. Die geklaute Karte erweist sich dabei als guter Helfer. Die großen Hotelanlagen ziehen sich nämlich noch ein ganzes Stück weiter nach Süden, Kreisverkehr für Kreisverkehr, und es ist nicht immer leicht, die zum nächsten Hotel führende Stichstraße von der Weiterführung am Strand entlang zu unterscheiden. Aber auch entlang der eigentlichen Verkehrsstraßen säumen ummauerte Wohnanlagen die Gehsteige. Nur vereinzelte Jogger, Nordic Walker oder Radfahrer lassen erkennen, dass sie auch tatsächlich bewohnt sind und wenn, dann offensichtlich von einem der Wellness-Industrie verfallenen Publikum.

Roche: Abgeschottete Gutverdiener-Idylle zwischen Novo Sancti Petri und Conil

Ganz plötzlich aber geht die breite, sauber asphaltierte und markierte Straße in eine schlaglochübersäte Piste über, rechts wird dichtes Buschwerk nur von einzelnen Stichsandwegen in Richtung Meer durchbrechen und links sehen wir endlose Pinienwälder statt Betonburgen. Wir sind aus dem Sportlerghetto ausgebrochen! Allerdings währt dieses visuelle Glück nicht lange, schon nach wenigen Kilometern kommen wir vom Regen in die Traufe.

Mit Roche kündigt sich eine neue Urbanisation an. Hier reiht sich ein Einfamilienbungalow an den nächsten, auch an solche kann ich mich aus meinen Internet-Recherchen erinnern. Immerhin leben hier "normale" Menschen, was für uns wohl als Fortschritt zu betrachten ist, dafür bricht der Kleinstadt-Heile Welt-Familienwahn durch. Die nach Kartensicht durch den Ort führende Hauptstraße ist zur Spielstraße rückgebaut, alle zwanzig Meter mit fetten Stolperschwellen betoniert und an jeder Straßenecke mit einer durch die Mauern der Anwesen uneinsehbaren Rechts-vor-Links-Kreuzung begrenzt. Später werden wir noch die Zufahrten des Ortes von der Landseite her sehen dürfen. Diese sind mit Schranken und Kontrolltürmen versehen, als wolle man Fort Knox betreten. Es fehlen nur noch Stacheldraht und MG-Nester.

Im Schritttempo kämpfen wir uns durch diese Schlafgemeinde und merken uns, auch zu späteren Zeiten keinesfalls hier wohnen zu wollen. Vermutlich patrouillieren hier nächtens gepanzerte Sicherheitsfahrzeuge und bei spät nächtlicher Rückkehr ist mit permanenten Ausweiskontrollen zu rechnen. Diese Ausformung des Siedlungsgedankens erinnert schon sehr an gewisse Kinofilme und ist unsere Sache nicht. Unbestreitbar können andererseits betuchtere Familien mit kleineren Kindern hier eine ziemlich sichere Bleibe in Meeresnähe finden.

Am anderen Ende des Ortes in Richtung Conil erwartet uns wieder dieselbe, mittlerweile schon fast sympathisch gewordenen Schlaglochpiste. Hinter der hier flacheren Vegetation ist links sogar das Meer zu sehen. Ein Leuchtturm am Ende der schnurgeraden Straße markiert das Cabo Roche. Wir steigen aus und genießen mal wieder einen weiten Blick auf Landschaft, hier die Bucht von Conil. Auf der Karte sind schon auf dem vor uns liegenden Weg in die Stadt einige Campingplätze verzeichnet, in denen es dem Augenschein nach wenigstens Luft zum Atmen geben dürfte. Wir schöpfen etwas Hoffnung.

Ein reichhaltiges Angebot an Unterkünften zwischen Cabo Roche und Conil ist scheinbar erst am Aufwachen

Direkt am Kap wohnen hinter einer Hofeinfahrt Maria und José, wie sie durch ein Schild wissen lassen. Leider bieten sie aber offenbar keine Zimmer an. So fahren wir über zwei enge Serpentinen zum Fischereihafen hinunter. Unter einer stattlichen Ansammlung verrosteter Anker dümpeln einige verfallende, in allen Farben gestrichene Holzboote im Flusslauf, danach geht es in mehreren Biegungen durch einen breiten Pinienwald. Wie riesige Regenschirme breiten sich die mächtigen Baumkronen über dem sandigen Buschboden aus. Ein einladender Ort, der auch von manchen Familien zum Picknick genutzt wird. Leider verpassen wir vor Schauen ob dieses Bilderwechsels die Abzweigung zum ersten, ausgeschilderten Campingplatz.

Am Ende dieses Waldstreifens führt die Straße in eine hügelige, locker bebaute Ebene. Schon in der ersten Kurve fahren wir auf ein größeres Restaurant zu, das neben seiner Gastronomie auch für Apartments wirbt, und auch danach fallen uns im Straßenverlauf mehrere kleine Anlagen auf. Wir wollen uns eine ansehen und biegen in einen größeren Parkplatz ein, an dessen Seite sich offenbar etwa zehn Wohnungen um einen zu uns geöffneten Innenhof gruppieren. Das wirkt sympathisch und ein abgestellter Putzeimer mit auf den zugehörigen Schrubber gestülpten Gummihandschuhen lässt auf Bewirtschaftung schließen. Allerdings ist weit und breit keine Menschenseele zu sehen.

Auch ausgiebiges Poltern und Rufen ändert daran nichts, so dass wir unverrichtet wieder abziehen. Weitere kleine Anlagen in ähnlichem Stil folgen, wirken aber ebenso verlassen. Dem nächsten Hinweis auf einen Campingplatz folgen wir jetzt. Nach mehreren kleinen Kurven ist er unschwer erkennbar an der Ansammlung von offenbar auf ihre endgültige Verschrottung wartenden Caravans in der Einfahrt. Mit zunehmendem Mut der Verzweiflung wollen wir aber zumindest die Lage begutachten, hier leben nämlich deutlich sichtbar Menschen, die sich weiter oben zur Vesper versammelt haben. Ein uniformierter, dunkelhäutiger Mensch erklärt uns aber, der Platz sei noch geschlossen und macht wenig Hehl aus seiner Verwunderung, wie es unsereiner hierher verschlagen kann. Auch ein weiterer Platz weiter hinten in Richtung Meer liegt erkennbar noch im Winterschlaf. Einige weitere Anwesen verfügen über großzügige Häuschen in ruhigen Gärten, die sich gut vermieten ließen, bei einem lässt sogar ein kleines, verwittertes Schild auf eine solche Absicht schließen. Manchmal spielt mir meine mittlerweile wohl überspannte Fantasie den Streich, mich an im Internet gesehene Bilder erinnern zu wollen. Einfach irgendwo zu klingeln, trauen wir uns aber nicht.

Glücksfall gastronomischer Kompetenz in Unterkünften: Das Hotel Cabo Roche

Leicht frustriert steuern wir zur Hauptstraße zurück. Mit dem Mut der Verzweiflung erinnern wir uns an die Werbung des ersten Restaurants an der Straße und beschließen, auch dort noch zu fragen. Eine größere Gesellschaft verlässt gerade das Lokal, als wir dort ankommen und die in traditionelles Schwarz-Weiß gekleideten Ober wirken etwas abgekämpft. Als wir am Tresen fragen, hat dies erst einmal ein Pingpong-Spiel an gegenseitigen Fragen zur Folge. Es wird uns aber immerhin bedeutet, zu warten.

Schließlich kommt ein schon älterer Ober aus den Tiefen des Küchentrakts auf uns zu, bewaffnet mit einer Liste und fragt nach unserem Begehr. Immerhin die Aussicht auf eine fast einwöchige Belegung scheint ihn zugänglicher zu machen und er murmelt für sich selbst die Frage, wie er einen vernünftigen Preis gestalten solle. Seine Schlussfolgerung ist für mich nicht zur Gänze zu verstehen, ich entnehme dem Ganzen aber, dass nur ein Apartment zur Verfügung stünde, das für vier Personen gedacht sei. Falls wir es aber nur zu zweit belegen würden, könne er es uns für 55 € anbieten.

Ich schöpfe Hoffnung und frage, ob wir es sehen könnten. Durch die Einfahrt neben dem Restaurant führt er uns auf die Rückseite des Hauses, wo eine Treppe in den ersten Stock führt. Es dauert einen Moment, bis sich unsere Augen gewöhnen und er die Jalousien geöffnet hat, dann erblicken wir das Paradies.

Ein schmaler Flur führt hinein in eine geräumige Wohnung, die nur darauf wartet, als solche bezogen und benutzt zu werden. Keine Bleibe, notdürftig ausgestattet für einen sporadischen Aufenthalt. Links zwei normale Schlafzimmer mit je zwei Betten und großzügigem Schrank, rechts das gepflegte Bad. Dahinter ein Wohnbereich mit einer Couchgarnitur vor dem obligatorischen Fernseher sowie einem Essplatz für vier Personen. Am Ende zweigt nach links der Küchenbereich ab und bildet die Front zur Terrasse. Diese, so groß wie zwei Zimmer, sitzt über der Veranda des Lokals und schaut über die Straße, auf der wir ursprünglich herkamen in Richtung Meer, also auf den breiten Pinienwaldgürtel.

Der eigentliche Traum aber ist die Küche. Waschmaschine, Spülmaschine, ein riesiger Kühlschrank. Das vierteilige Cerankochfeld habe ich nicht einmal zu Hause. Pfannen und Töpfe jeder Größe, mit der man eine vierköpfige Familie auch technisch tatsächlich bekochen kann. Ich kann den Ober gerade noch bremsen, mit mir gemeinsam alle Maschinen auf ihre Funktionalität auszuprobieren, weil sie ganz offensichtlich funktionieren werden. Wir geben uns alle Mühe, die Begeisterung nicht zu offensichtlich zu machen und checken das Preisangebot nochmals in aller Deutlichkeit aus: 55 € pro Tag, beginnend ab morgen, bis nächsten Freitag. Leicht verwirrt werden wir bestätigt. Wir haben unsere Traumwohnung gefunden.

Beim Rückweg fällt mir wieder das Bungalowloch mit dem Geruch von Holzschutzmittel ein und ich werde ganz mutig. Auch Lore findet, dass es keinen Sinn macht, angesichts dieser Möglichkeit noch eine weitere Nacht in einem Loch zu verbringen und wir fragen nach der Möglichkeit, noch heute einziehen zu können. Der Ober zögert, einerseits wohl wegen seines eigentlich vorgesehenen Dienstschlusses, andererseits wegen einer vorbereitenden Reinigung. Ich mache deutlich, dass die Wohnung absolut sauber genug ist. Könnte ich besser spanisch, würde ich ihm jetzt erklären, wie seine Landsleute um ihn herum Wohnungen an Gäste abgeben. Wir müssten zwar unser Gepäck holen, in einer, spätestens zwei Stunden wären wir aber wieder hier und würden das Apartment einfach beziehen, so wie es ist. Top, die Wette gilt.

Traumwohnung statt Bungalow auf dem Campingplatz: Anzahlung adé, aber egal

Wie belämmert traben wir zum Auto. Keiner von uns beiden hätte es noch für möglich gehalten, zu einem zivilen Preis an ein derartiges Schmuckstück in dieser Gegend zu kommen und der Mut, die Anzahlung von 40 € für den Bungalow ohne Worte in den Wind zu schießen, ist für uns auch neu. Auch bei uns wächst das Geld nicht auf den Bäumen, andererseits ist jede verleidete Urlaubsnacht auch eine Beleidigung der dafür unterm Jahr erbrachten Maloche.

Wir fliegen fast zurück zum Campingplatz. Die kurvigen und engen Sträßchen in Richtung Autobahn führen durch einen noch ausgedehnteren Wald von Regenschirmbäumen, dann auf skurrilen, parallel nebeneinander verlaufenden Schnellstraßen zurück Richtung Chiclana. Unsere Hauptsorge besteht eigentlich nur darin, die versprochene Zeitvorgabe nicht einhalten zu können, so dass unser Traumdeal noch aus Blödheit platzen könnte. Nur einmal verfranzen wir uns noch kurz im Stichstraßengewirr der Kreisverkehre von Novo Sancti Petri, dann landen wir wieder auf unserem Tenniscampingplatz, winkend begrüßt von unserem Waschmaschinenteam.

In Windeseile sind die Habseligkeiten wieder im Auto verstaut. Wir geben die Schlüssel bei unseren neuen Freunden ab und erklären ihnen auf Spenglisch, dass wir eine neue Übernachtung suchen wollten, möglicherweise also nicht zurückkehren würden. Die beiden sind ehrlich traurig, jedoch nicht unbedingt überrascht. Bis 22:00 sollten wir zurück sein, geben sie uns auf den Weg. Danach würde die Schranke geschlossen und unsere Bungalowschlüssel weg, bis dahin würden sie aber auf uns warten.

Conil de la Frontera: Lebendige Ortschaft mit Strand statt Strand vor Betonburgen

Die beiden hätten ja unsere Rückkehr oder ersatzweise einen Tourismusorden verdient, wir aber hoffen, sie möglichst heute nicht mehr sehen zu müssen. Den Rückweg über die Schnellstraßen finden wir problemlos, eine erneute Durchquerung der Schlafgemeinde Roche hätte mich bei meinem aktuellen Adrenalinspiegel vermutlich zur Explosion gebracht. Die Abzweigung zum Cabo Roche aber verfehlen wir, so dass wir den Ort Conil de la Frontera selbst, unsere zukünftige Gastgebergemeinde, auch noch besichtigen. Der empfängt uns immerhin mit einem schönen, großen Supermarkt, in dem wir endlich wieder Zutaten für ein heutiges Abendessen und genügend Feierbier für mich (Wein für Lore haben wir ja noch genug im Küchentrolley) erstehen können. Eigentlich steht einem angesichts des Morgens überraschend erfreulichem Tagesausklang nichts mehr im Wege.

Das Ortszentrum von Conil selbst bekommen wir heute auch nicht mehr zu Gesicht. Die weitläufige Stadtumfahrung zeigt uns lediglich Hotels, viele weitere Supermärkte und Wohnanlagen, die einer Industriestadt zur Ehre gereichen würden. Einmal noch werden wir in eine unbekannte Wildnis geschickt, in der wir aber plötzlich wieder unserem geschlossenen Campingplatz der heutigen Nachmittagssuche begegnen. Dort kennen wir uns natürlich wieder aus und landen binnen fünf Minuten vor unserer neuen Bleibe.

Nur eine kurze Schrecksekunde müssen wir noch überleben in der Erkenntnis, dass unser Führungsober mittlerweile den Dienst quittiert zu haben scheint. Der Barkeeper ist aber noch derselbe und überreicht uns gegen Aushändigung meines Personalausweises kommentarlos den Schlüssel. Eine halbe Stunde später fühlen wir uns, vereint mit all unseren Habseligkeiten, wieder an einem Ort, den wir tatsächlich als unser vorübergehendes Zuhause betrachten können und wollen.

Wenn Sie dem Verlauf dieser Reise folgen möchten

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Und hier der Gesamtüberblick dieser Reise mit allen Berichten


© 2004-2014 by Martin Haisch Gastromartini gastrobetreuung.de

Zuletzt aktualisiert am 27. Mai 2014

Mit ausdrücklichem Dank an Apachefriends und alle Open-Source-Entwickler, deren Arbeit solche Projekte erst ermöglicht
sowie an Lore für Begleitung und Ertragen programmierungstechnisch bedingter Abwesenheiten

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