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Alhambra: Die Nasridenpaläste

Reisebericht zu AndalusienGranada → Alhambra

Granada Alhambra Nasridenpalast

Die Höfe und Paläste der Nasriden bilden mit ihrem Inbegriff maurischer Baukunst, Ornamentik und dem Einbezug von Wasser in die Architektur eindeutig den Höhepunkt jeder Alhambra-Entdeckung. Hier entsteht eindeutig Suchtpotential, weil die ganze Pracht in einem Besuch gar nicht zu erfassen ist.








Spektakel am Einlass der Nasridenpaläste

Jetzt wird es nämlich langsam ernst. Es wird viertel nach drei und somit Zeit, an unsere Zulassungszeit für die Nasridenpaläste um 15:30 zu denken. Der Eingang befindet sich am Ende der Terrasse unter dem Vorplatz von Karls V. Palast mit freier Sicht auf die eigentliche, frühere Burg, die Alcazaba. Bisher hatten sich die Menschen dort locker auf den Bänken verteilt, als hätten sie sich hier lediglich zu einem lockeren Nachmittagspläuschchen verabredet. Mittlerweile hat sich aber vor dem Zutrittsspalier zu den Palästen bereits eine kleine Horde zusammengerottet, die sich nun zusehends vergrößert, weil keiner sitzend die besten Plätze verpassen will, wie im Flieger. Unsere heimliche Hoffnung, auch hier auf eine ähnliche Zehn-Minuten-Kulanz wie beim Einlass zu stoßen, schlägt allerdings fehl.

Der Wächter dieses Kulturerbes unter seinem Sonnen-, jetzt Regenschirm beantwortet zwar geduldig alle Anfragen, lässt sich aber von der zunehmend mit den Hufen scharrenden Menge nicht beeindrucken. Kurz vor Erreichen der halben Stunde gibt es nochmals ein eindrucksvolles Schauspiel: Funkverkehr und Uhrenvergleich mit dem zur Unterstützung herbei schlendernden Kollegen. Dann werden die Schleusen endlich geöffnet. Und tatsächlich werden auch einige Touristen mit der falschen Uhrzeit gnadenlos abgewiesen.

Natürlich schwappt erst einmal eine ziemliche Menschenmenge in den ersten Palast, trotzdem wirkt diese nirgends bedrückend. Auf den Luxus der Ungestörtheit müssen wir verzichten, es tritt einem aber auch keiner auf die Füße, und die Schönheit der Paläste nimmt uns sehr bald so gefangen, dass wir das Gemurmel um sich herum kaum wahrnehmen. Anfangs sind die Gefühle durchaus noch vorsichtig gespannt. Die Hauptattraktion der Hauptattraktion hat so viele Vorschusslorbeeren erhalten, dass die Sorge vor Enttäuschung immer leise im Genick sitzt.

Malerische Höfe und prunkvolle Paläste

Ich habe noch nie im Leben ein Beispiel maurischer Baukunst im Original gesehen, höchstens in Film und Fernsehen, und so stellt die orientalische Ornamentik an den Wänden schon als Stilmittel etwas Besonderes für uns dar. Ein derartiges Zusammenspiel für mich neuer Verwendung von Materialien mit Gestaltungsformen der Baukunst, den Gartenanlagen und dem Wechsel von Licht in Höfen mit Pracht im Inneren, ist tatsächlich einzigartig. Die diffuse Angst, die höchsten Töne der Reiseführer könnten übertrieben sein, löst sich schnell in Nichts auf. Es wird tatsächlich ein Weg des Staunens, das sich immer weiter steigert.

Der Mexuar, in dem wir das Ensemble betreten, wird uns als Empfangs- oder Gerichtssaal geschildert. Hier lächeln wir über eine vielleicht nicht einmal beabsichtigte optische Täuschung, weil wir ein eingezogenes Holzgesims für das Absetzen eines Zwischenstocks halten, der eine Empore zu tragen scheint. Wäre ja nicht so abwegig, im Empfangssaal sozusagen einen oberen Thronbereich für die Richter zu installieren. Durch die rückwärtigen Fenster hatten die Beamten jedenfalls einen wunderbaren Ausblick auf den Albayzin und konnten so vielleicht ihren Familien auf die Hausdächer schauen. Wir bewundern die Ornamente und gemeißelten Schriftzüge an den oberen Wandabsätzen, deren heller Glanz an Elfenbein erinnert. Noch wissen wir nicht, dass wir allenfalls eine Einführung in diese Kunst sehen.

Im angrenzenden Myrtenhof können wir dann die Feinausführung in Augenschein nehmen, sobald wir uns von der schieren Optik seiner Gartenanlage erholt haben. Im grün schimmernden Wasser des Mittelbassins spiegeln sich alle angrenzenden Fassaden. Die kleinen Seitenkapellen in den ringsum aufstrebenden Wänden begeistern uns mit den Halbgewölben, die aus lauter kleinen Stalaktiten zu bestehen scheinen. Wir wissen ja noch nicht, dass uns zwei Stationen weiter eine riesige Kuppel erwartet, die in lichter Höhe nur aus solchen Verzierungen besteht.

Zwischen den einzelnen Kapellen sind Steintafeln und kunstvoll bemalte Kachelwände abgesetzt. Die Herausarbeitung von Schriftzügen durch unterlegte Transparenzmuster in verschiedenen Ebenen ist auch heute noch selbst mit modernen Grafikprogrammen auf Papier nicht ganz einfach. Hier kann man sehen, wie verschiedene Transparenztiefen bereits vor tausend Jahren in Stein gehauen wurden. Im Schatten der Sala de la Barca, die den Hof an einem Ende abgrenzt, möchten wir am Liebsten stundenlang verweilen. Das spiegelglatte Wasser im Innenhof mit den mächtigen Bauten rundherum vermittelt einerseits den Eindruck einer friedlichen Oase, den selbst die überall wuselnden Touristenscharen nicht stören können. Andererseits möchte man die Details dieser Steinmetzarbeiten immer noch genauer betrachten.

Am anderen Ende des Hofes wird das Publikum durch eine Engstelle gedrängt, hinter der sich eine videounterstützte Dokumentation der Restaurierung des angrenzenden Löwenhofs verbirgt, die uns angesichts der live zu bestaunenden Wunder nicht besonders interessiert. Wir durchqueren sie im Schnelldurchlauf und betrachten nur einige ältere Fotos des als nächstes folgenden Löwenhofs eingehend, weil sich keine Menschentrauben davor aufhalten.

Weil aber die Löwen in ihrem Hof noch fehlen, sind die Bilder schon hilfreich, um sich den Patio in seiner ganzen Pracht vorstellen zu können. Hier lebt der Innenhof nicht vom Wasser, sondern vom gleichnamigen Brunnen in seinem Zentrum und der filigranen Säulenarchitektur des Wandelgangs mit kleinen, vorgebauten Pavillons, der ihn umrundet. Eine weitere Oase der Ruhe mitten im Geschehen, jedoch von ganz anderem Charakter als der Myrtenhof. Momentan braucht es auch etwas Vorstellungsvermögen, weil die Baugerüste geistig weggedacht werden müssen, wieder anders schön ist es hier dennoch. Vermutlich waren die ehemals hier wandelnden Gesandten aus christlichen und maurischen Gesandten ähnlich beeindruckt.

Der Nasridenpalast: Eine nie abzuschließende Entdeckung…

Schon diese Ruhe, Schönheit und Kraft, die die ganze Anlage als solche und jeder Teil für sich genommen ausstrahlen im Wechsel mit der Pracht und fein ziselierten Steinbaukunst im Inneren der Paläste ist etwas vollkommen Neues. Ich persönlich habe meine kulturellen Besichtigungserfahrungen wie die meisten anderen meiner Generation dreißig Jahre zuvor und sehr gründlich in Italien durchlebt und dort sehr viele schöne Orte gefunden, aber nichts, was dem vergleichbar wäre. Was keine Wertung ist, sondern nur aussagen soll, dass es hier eben komplett anders ist und erfordert, diesen anderen Denkstil auch zu erfassen.

Mein Wunsch, die Möglichkeit der Abendbesichtigung im Verlauf des Urlaubs nochmals wahrzunehmen, stößt allerdings auf wenig Gegenliebe bei Lore. Erst nachdem ich die Eindrücke selbst halbwegs verdaut habe, kann ich das verstehen. Auch Comics liest man nicht sofort wieder, sondern erst nach einer gewissen Zeit. Ich werde in den nächsten Tagen noch öfters von ihr lernen, dass diese Highlights zu schwergewichtig, zu besonders sind, um im üblichen Touristen-Abhak-Stil besichtigt zu werden. Ich weiß aber, dass ich hier nicht zum letzten Mal war, und beim nächsten Mal wird es Nacht sein und die Hallen beleuchtet. Dann aber werde ich darauf vorbereitet sein und deshalb sehen können, was mir bisher verborgen geblieben ist.

Jetzt, Wochen später, während ich diese Zeilen schreibe, stelle ich trotzdem fest: Wenn ich die Kohle hätte, würde ich mich auf der Stelle in den Flieger nach Granada setzen nur wegen dieser Nachtbesichtigung, aus Sorge, mir könnte der Himmel auf den Kopf fallen vor der nächsten Gelegenheit.

Jedenfalls sind die Nasridenpaläste ein Kleinod der Weltgeschichte, für die es sicher keine Beschreibung gibt. Selbst die heutigen Möglichkeiten einer Fernbesichtigung per Film oder Video helfen hier nicht. Die Art und Weise, wie hier eine vormittelalterliche Gedankenwelt in Architektur und Gartenbau versinnbildlicht wird, kann man nur mit eigenen Augen erfassen, und das vermutlich immer wieder.

Natürlich sind diese Bilderfetzen nur der Vordergrund all dessen, was wir gesehen haben. Die große Halle selbst mit einem grandiosen Stalagtitengewölbe, die Bäder, von sternförmigen Deckendurchbrüchen in geheimnisvolles Halbdunkel getaucht. Kleine Details, die uns auffallen, aber in keinem Führer Erwähnung finden wie die kleinen Mauernischen neben den Wachgängen im Empfangssaal, die wir als praktische Hutablage für die Herren Botschafter interpretieren.

Nach Besichtigung der prachtvollen Paläste folgt als Kontrast der stinklangweilige Raum von Karl V., der seine einzige Bedeutung daraus zieht, dass Washington Irving als quasi amerikanischer Botschafter hier gehaust hat und als Hausbesetzer erst wieder das allgemeine Interesse auf das bis dato als Ruine und Obdachlosenasyl vor sich hin vegetierende Ensemble gezogen hat. Hier würde man gerne weiter nachbohren und wünschte sich erklärende Fotos oder Geschichten. Ungelöst bleibt auch das Rätsel der Keramikschüsseln, die überall auf dem Boden stehen, als würde es durch die Decke tropfen (tut es aber nicht).

Nach einer Stunde fast ununterbrochenen Staunens gehen wir durch das quietschende Drehkreuz, das alle Besuche hier abschließt wie eine Bahnfahrt vor hundert Jahren und sinken erschöpft und überwältigt auf die nächste Sitzbank. Eigentlich könnte und müsste man jetzt Schluss machen, aber 12 € sind ein stolzer Preis und so bald werden wir nicht mehr herkommen. Wir vergnügen uns noch eine kurze Weile in den Gärten der Kalifendamen unter ihrem Wohnturm an der Burgmauer. Besonders viel Platz haben sie nicht gehabt, muss man sagen. Wir spintisieren noch etwas in den Geschichten, wie die Damen hier die Ritter um sich versammelt haben und wer warum zum Zug kam. Dann aber nehmen wir die eigentliche Burg in Angriff.

Wenn Sie dem Verlauf dieser Reise folgen möchten

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Vorgeschmack auf maurische Juwelen: Die Medina der Alhambra und der Rennaissance-Palast Karls V sowie das Hotel "America"

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Alcazaba der Alhambra: Tolles Panorama

Der Blick auf Granada und Umgebung vom Wachturm der Alcazaba ist immer eine letzte Anstrengung wert

Und hier der Gesamtüberblick dieser Reise mit allen Berichten


© 2004-2014 by Martin Haisch Gastromartini gastrobetreuung.de

Zuletzt aktualisiert am 27. Mai 2014

Mit ausdrücklichem Dank an Apachefriends und alle Open-Source-Entwickler, deren Arbeit solche Projekte erst ermöglicht
sowie an Lore für Begleitung und Ertragen programmierungstechnisch bedingter Abwesenheiten

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