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Reisebericht zu Andalusien→Granada→Stadtviertel Cartuja

Barocke Pracht und andere Sinnestäuschungen im Kloster la Cartuja

Granada Kloster La Cartuja Hauptschiff

Das Kloster La Cartuja beherbergt viele Täuschungsmalereien und perspektivische Kniffe seines damaligen Laienbruders Cotan. Im Hauptschiff finden wir ein schönes Sinnbild der Besucherhierarchie seiner Zeit. Die wolkig-leichte Barockpracht der Sakristei wirkt wie eine katholische Übersetzung der maurischen Nasridenpaläste.

Nach dem gestrigen Tag haben wir uns ein Ausschlafen verdient. Zwei Besichtigungspunkte sind noch offen, denen wir uns heute widmen wollen: Die Cartuja und Sacromonte. Zunächst einmal verbringen wir den Mittag mit einer vorausblickenden Pack-Aktion. Morgen steht der Übergangstag im Hotel in Cordoba an, danach die zweite Ferienwohnungswoche ab Freitag in Cadiz . Da heißt es intelligent packen. Der keine Kühlung benötigende Küchen-Hausstand wird in Lores ausrangierten, blauen Trolley gepresst, in dem er auch gerade so Platz findet. Alles Wichtige an Kleidung und Körperpflege kommt in den neuen Roten, den wir dann ins Hotel mitnehmen. Wegen seiner Größe könnten wir ihn ohnehin nicht im Auto lassen, in unserem Baby-Panda findet er nur auf dem Rücksitz Platz und wirkt dort geradezu als Einladung zum Einbruch. Die beiden anderen Taschen lassen sich hingegen gut im Kofferraum verstecken.

Stolz auf diese logistische Intelligenzleistung gönnen wir uns nachfolgend ein kleines Sonnenbad auf den Stufen zu unserer Wohnung, nachdem sie jetzt erstmals so direkt herunterstrahlt. Der Bus nach Granada um 15:10 fährt direkt an der Klosteranlage der Cartuja vorbei, die um diese Zeit auch schon geöffnet sein sollte. Bemerkenswert, dass die Öffnungszeiten unserer doch schon drei Jahre alten Reiseführer fast immer stimmen.

La Cartuja, Raumaufteilung als Sinnbild seiner Zeit

Wir betreten die Anlage durch den mit Mauern umfriedeten Vorhof, den wir ja vom Bus aus schon häufiger gesehen haben. Die linke Wand besteht aus einigen kleinen Kiosklokalen, die noch nicht geöffnet sind, dankenswerterweise wohl aber die Toilette. Leider kann man das aus kleinen Rundsteinen zusammengefügte Mosaikmuster des Vorplatzes nicht erkennen, auch nicht oberhalb von der Balustrade am Ende der Treppe, die uns zum Kirchenportal führt. Das überall sich durchkämpfende Grün lässt seine Konturen weitgehend verschwinden.

Nach Entrichtung des hier scheinbar üblichen Obolus von 3,50 € für Kirchen nehmen wir im Kreuzgang Platz zum Zweck des Literaturstudiums. Auch hier finden sich wieder die Schatten spendenden Orangenbäume, allerdings wirken sie nicht ganz so prächtig wie in San Jeronimo. Zunächst schlendern wir durch die Nebenräume des Kreuzgangs, in denen sich ein hier gelebt habender Laienbruder verewigt hat. Obwohl durch die Führer vorgewarnt, nehmen wir das von Cotan im ersten Nebenraum in lichter Höhe lediglich aufgemalte Holzkruzifix für bare Münze oder besser blankes Holz. Der Laienbruder hat hier im Kloster gelebt und dem Haus daher mehrere seiner Werke hinterlassen, in denen er viel mit solchen Sinnestäuschungen gespielt hat. Auch ein Altarbild weiter hinten glänzt mit einer objektiv nicht vorhandenen Räumlichkeit. Daneben gibt es noch reichlich Bildmaterial von ihm, das die Folterqualen seiner Ordensbrüder in einem von uns mangels entsprechender Bildung nicht erkannten Konflikt illustriert. Trotzdem finde ich die Vorstellung heimelig, sozusagen von einem Ziehsohn dieses Klosters durch die ersten Räume geleitet zu werden.

Wie auch in San Jeronimo wird der eigentliche Kirchenbau seitlich vom Kreuzgang aus betreten. Da sieht es hier aber schon anders aus. Wesentlich heller, schon weil der eingezogene Balkon für die Mönche nicht existiert. Dafür ist das Hauptschiff durch kleine Balustraden und Gitter in drei Zonen eingeteilt. Vorne vor dem Altar dürfen wohl die Brüder selbst Platz nehmen, in der Mitte, immer noch hell und ziemlich marmorprächtig, die Laienbrüder wie unser Malerfreund. Ganz am Ende, wenige Meter vor dem Eingangsportal folgt nochmals ein hier schon weniger prunkvolles Gitter, mehr ein Zaun, der wohl den Platz für das gemeine Volk abgrenzt. Von hier aus braucht man schon Adleraugen, um Einzelheiten des prunkvoll goldglänzenden Altarbilds sehen zu können. Die Hierarchie wird auch ohne Erklärung deutlich.

Barocker Prunkrausch in der Sakristei der Cartuja

Hier barockt es schon sehr. Der Gesamteindruck ist mehr von Pracht, Glanz und Gloria bestimmt als vom malerischen Geschichtenerzählen durch Wandfresken, was aber das Staunen nicht schmälert. Wir sind halt mehr die bodenständigen Betrachtertypen. Die Sakristei allerdings lässt uns dann doch abheben. Hier schraubt sich wirklich Stuck und Dekor in einer einzigen Wolke zum Himmel. Die Kuppel wirkt wie eine barocke Übersetzung der maurischen Auffassung in den Nasridenpalästen auf den späten, reichen Katholizismus. Während mich sonst Prunk oft eher an Verschwendung denken lässt, muss man die Schönheit dieses Gewölks einfach anerkennen. Hinzu kommen auf Augenhöhe die wunderschönen Schrankkonstruktionen mit granadinischen Holzeinlegearbeiten in schwarz und beige sozusagen als das Gegenstück, die einem die eigene Erdung deutlich machen. Für mich erneut ein beispielloses Juwel an sakraler Baukunst.

Das Delirium aus Gold, rotem und schwarzen Marmor in der Kapelle hinter dem Altar bestärkt hingegen wieder alle meine Vorurteile. Da braucht es schon Lores frauliches Künstlerauge, um mich auf Feinheiten hinzuweisen. Tatsächlich wurde große Mühe darauf verwendet, die Farbgebung der äußeren Figuren auch im Inneren und in der Marmorierung zu wiederholen. Da wäre ich vor überheblicher Langeweile nie drauf gekommen. Trotzdem gefällt mir am Besten, wie trotz aller Marmorpracht die anscheinend vom Absacken bedrohte Hauptmonstranz des Altars durch eine grob vernagelte Bauholzkonstruktion abgestützt wird. Es fehlen gerade noch die Schraubzwingen, um die hochheilige Figur als Heimwerkerkonstruktion zu deklassieren.

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© 2004-2014 by Martin Haisch Gastromartini gastrobetreuung.de

Zuletzt aktualisiert am 27. Mai 2014

Mit ausdrücklichem Dank an Apachefriends und alle Open-Source-Entwickler, deren Arbeit solche Projekte erst ermöglicht
sowie an Lore für Begleitung und Ertragen programmierungstechnisch bedingter Abwesenheiten

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