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Wohnungen in malerischer Lage unter der Burg von Segura, Tierpark und Wanderhilfen inbegriffen

Reisebericht zu AndalusienNordostandalusien → Sierra de Segura

Abendstimmung in Segura de la Sierra unterhalb der Burg

Dass wir in den "Huertos de la Segura" gut aufgehoben sein werden, haben wir über die Vorgespräche per e-Mail schon gewusst. Die Lage direkt unter der Burg mit weiter Sicht auf Dorf und Umland haben wir uns zwar vorgestellt, werden aber trotzdem von der echten Aussicht überwältigt. Tatsächlich spektakulär ist aber die Mappe und das Gespräch mit unserem Wirt Anton zu Beginn des Besuchs mit einem echten Füllhorn an Hinweisen für Ausflüge, Wanderungen und echten Geheimtipps.

Die Anfahrt nach Segura de la Sierra war ja nicht schwer zu finden, auch wenn sie sich teilweise nerviger gestaltet hat als erwartet wegen des ewigen Autobahngebaues um Baeza und Ubeda. Jetzt stehen wir aber vor den Toren des idyllischen Bergdorfs und wollen endlich unsere neue Residenz für die nächsten Tage in Besitz nehmen.

Über schmale Gassen hangeln wir uns zum Apartment unterhalb der Burg hinauf

Ich hatte mir von der Anfahrt durch das Dorf ja bereits auf Googles Streetview ein Bild gemacht. Dort war schon zu ahnen, dass eng zugeht. Aber die Realität übertrifft das Bild noch. Vor dem Stadttor wird gebaut, so dass wir uns erst an den Baufahrzeugen vorbei lavieren müssen und gerade so durch die Pforten kommen. Hinter dem Tor rollen wir wenige Meter über das Kopfsteinpflaster und erreichen den kleinen Dorfplatz, wo die sechs Parkplätze aber bereits belegt sind. Links hinter einer kleinen Mauer ragt die Kirche auf, rechts schmiegen sich die Häuser in den Berg. Von hier aus kommt man ohnehin nur noch zu Fuß über die steilen Treppen nach oben.

Außer natürlich über einen kleinen Umweg, unser neues Heim liegt ja an der oberen Dorfstraße, quasi unterhalb der Festung, die man übrigens auf demselben Weg erreicht. Wir lassen noch zwei entgegen kommende Autos durch, dann folgen wir der schmalen Gasse wieder auswärts. Dort wird aber gerade der bergseitige Abbruch zur Straße mit Beton bespritzt und wir müssen warten, bis der Käfig mit dem Spritzbetonierer wieder abgestellt werden kann. Die kleine Pause werden wir in den nächsten Tagen noch öfter haben. Hier in den Bergen denkt man nämlich ans Auge des Betrachters und der Beton wird danach noch mit erdbrauner Farbe bespritzt.

Nach diesem kleinen Waldstück jedenfalls geht eine Teerpiste rechts ab und führt spitzwinklig wieder Richtung Dorf zurück. Sowohl die Festung wie die Huertos sind ausgeschildert. Eine kurze Steigung durch den Wald und wir gelangen zu einem staubigen, mit einer kleinen Mauer eingefassten Hof. Das ist die Stierkampfarena wie uns Anton später erläutern wird. Hier stehen ja beim Stierkämpfen auch nicht so viele Zuschauer zu erwarten wie in Granada oder Sevilla.

Von hier aus führt scharf links eine breite Pflasterstraße zur Burg. Wir folgen der Teerstraße nach rechts oberhalb der Plaza de Toros. Es geht noch über eine kleine Kuppe und wenige Meter abwärts stehen wir auch schon vor unserer neuen Residenz. "Sie haben Ihr Ziel erreicht", sage ich zu meiner Frau, weil wir ja so modernes Zeugs wie Navis nicht haben.

Links hat die Straße eine sandige Ausbeulung unter Bäumen. Das scheint mir ein guter Parkplatz, wo das Auto entlang der engen Straßen keinen stören wird. Also auf zur Rezeption.

Fachsimpeln und ausführliche deutsche Einweisung in unser neues Zielgebiet: Die Sierra de Segura

Forsch, wie wir nun mal sind, klingeln wir am erstbesten Knopf, den wir finden. Das sind natürlich die Privatgemächer unseres Wirts, der Eingang zu Rezeption wäre links gewesen. Macht aber offenbar keinen Unterschied, nach kurzer Zeit hören wir es rumpeln und Antons stattliche Erscheinung öffnet seine Rezeption. Wir hatten ja im Vorfeld schon hin und her gemailt, so dass er uns erwartet hat. Ich habe sogar mein avisiertes Zeitfenster für unsere Erscheinung fast exakt eingehalten.

Anton ist Österreicher, den es aber schon in früher Jugend nach Cordoba verschlagen hat. In Andalusien ist er immer geblieben und jetzt sitzt er eben dort immer noch, nur in der Landschaft seiner Kindheit. Daneben spricht er aber auch englisch und französisch und ein bisschen noch weitere Sprachen, die ich mir nicht gemerkt habe.

Wir fachsimpeln ein wenig über die spärliche Berücksichtigung dieser schon sehr spektakulären Landschaften in einschlägigen Tourismusportalen und ich kassiere schon erfreut mal ein Lob für meine Art zu schreiben. Anton hat sich mal ein paar meiner Machwerke durchgelesen.

Bevor es Lore langweilig wird, kommen wir aber zum Kern unserer Anwesenheit. Anton erklärt uns ausführlich die Anlage des Dorfes und was es hier zu sehen , zu essen und auch einzukaufen gibt. Dann besprechen wir die Ausflugsmöglichkeiten. Daraus ergibt sich eine schöne Rundfahrt, die uns sicher den ganzen morgigen Tag beschäftigen wird. Das Füllhorn an Wandermöglichkeiten werden wir angesichts Lores Schnaufproblemen eher nicht wahrnehmen können. Bergauf ist halt nicht mehr. Überraschend weiß Anton aber auch hier Rat, auch wenn er sie nicht zur Bergziege befördern wird. Sie möge doch mal die Bergler beobachten und den "Paso Serrano" ausprobieren, eine Art schlurfender Trippelschritt, mit dem nicht nur die Opas unter den Einheimischen die Anstrengungen der überall präsenten Steigungen bewältigen. Auf die Berge wird es uns zwar nicht mehr hieven, in Zukunft aber durchaus über plötzliche Steigungen hinweghelfen. In unseren familiären Hauswortschatz ist es sowieso übergegangen.

Es bleibt nicht beim Mündlichen: Wir bekommen eine ganze Mappe mit ausführlichen Informationen überreicht, die gute Dienste leisten wird. Teile der vorgeschlagenen Rundfahrt hatte ich im Internet bereits gefunden. Diese aber so zusammenfügen, hätte ich vor Ort und mit eigenen Mitteln kaum geschafft. Dabei handelt es sich übrigens nicht um eine Sonderbehandlung für angehende Reisejournalisten. Ich habe denselben Vortrag in einer Mischung aus denglisch und holländisch in Teilen zufällig mitgehört, als sich nächsten Tags ein holländisches Pärchen einfindet. Als Österreicher ist Anton natürlich quasi von Geburt an Hotelier, er hat es aber auch gelernt, und das merkt man.

In jedem Fall ist es ein gutes Gefühl, vor Ort einen Ansprechpartner zu haben, der kompetent und ohne Sprachprobleme mit Auskünften weiterhelfen kann und will. Eine solche folgt auch gleich, nachdem wir die finanzielle Seite geregelt haben und zur Inbesitznahme der Wohnung schreiten wollen. Anton empfiehlt, das Auto lieber an der Hausseite zu parken, weil um diese Jahreszeit die Steinböcke langsam wieder von den kühleren Gipfeln herunterkommen und in den Wäldern oberhalb der Straße herum klettern. Dabei löst sich natürlich das Geröll, und die Firma Sixt würde sich über eine Delle im Autodach vermutlich wenig freuen. Schon am Tonfall der Nachfrage "Steinböcke?" meiner Frau erkenne ich, dass sie das für ein Märchen hält. Ich brauche gar nicht hinzusehen. Ich parke das Auto trotzdem um und unsere Familiengeschichte wird um eine weitere, bleibende Anekdote bereichert werden.

Die Huertos de la Segura mit weiten Aussichten sind in die Bergwand unterhalb der Festung Segura de la Sierra geschnitten

Auf dem Weg machen wir noch eine kleine Führung durch die Anlage. Ab hier geht es nämlich nur noch nach unten, Etage für Etage. Die Huertos de la Segura sind ein ziemlich neuer Bau, der in den ehemaligen Pfarrgarten gesetzt wurde. Die Studios weiter oben genießen von Balkon oder kleiner Terrasse aus noch eine Aussicht über die gesamte umliegende Bergwelt, weiter nach unten gräbt sich das Haus schon in die Dorfumgebung ein. Das behindert zwar die Sicht, bietet dafür aber deutlich großzügigere Freiflächen vor der Wohnung.

Anton hatte mir ja die Wahl gelassen, weil zum Zeitpunkt der Reservierung die höher gelegene Zweizimmerwohnung bereits vergeben war. Zur Vermeidung im Urlaub unpassender Ehekrisen aufgrund meiner altersbedingten Schnarchneigung hatten wir uns doch für größere Wohnung und gegen Aussicht entschieden und sind gut damit gefahren. Aussicht gibt es in der Sierra de Segura nämlich täglich im Überfluss, und zur Beobachtung des einzigen, superspektakulären Sonnenuntergangs muss ich nur zwei Treppen nach oben steigen (auch fast täglich). Als Ausgleich genießen wir im Basement eine richtig große Terrasse, auf der wir uns nach Belieben ausbreiten können und einige Treppen weniger in Richtung Dorf.

Die Wohnungen sind alle richtig gemütlich eingerichtet mit rustikalen Holzkommoden, angenehmer Beleuchtung und individuellen Bildern an den Wänden. Jedenfalls noch gemütlicher, als die Fotos auf der Homepage vermuten ließen. Die waren vielleicht auch sehr auf den offenen Kamin fokussiert, der wohl für die spanische Hauptkundschaft sehr bedeutsam ist. Angesichts der sommerlichen Temperaturen werden wir ihn kaum brauchen. Im Eingangsbereich ist aber genügend Feuerholz mit Pinienzapfen gelagert, um notfalls eine kleine Zwischen-Eiszeit problemlos überstehen zu können.

Das helle Badezimmer, sogar mit Wanne, ist für Ferienwohnungsnutzer ein Traum, es fehlt an nichts. Mit dem Schlafsofa im Wohnraum mussten wir zwei Minuten kämpfen, wie aber von Anton schon bei der Vorführung prophezeit. Ich hatte auch nicht so genau zugehört, weil wild entschlossen, zumindest einen ersten Versuch gemeinschaftlicher Schlafzimmerung zu starten (in Granada war das ja nicht möglich, will ich in der dortigen Ferienwohnung auf Empfehlung meiner Frau nach absolvierter Nachtsitzung die steile Treppe meiden sollte). Im Endeffekt habe ich auch hier dann die erste Nacht eben auf der Couch verbracht. Für den Rest den Aufenthalts haben wir dann doch das Bett aufgespannt, auf dem ich wunderbar geschlafen habe.

Eine schöne Dreingabe ist der funktionierende WiFi-Anschluss ans Internet. So früh im Rahmen der Rundreise ist er zwar für mich noch nicht so wichtig, weil ich eher keine Nachrichten aus der Heimat sehen will und sich für Recherchen zur aktuellen Umgebung angesichts des ausführlichen Briefings keine Notwendigkeit mehr ergibt. Später im Verlauf der Reise wären wir um solche Möglichkeiten aber schon froh gewesen.

Eine nicht erwartete Überraschung erleben wir noch am Abend. Auf Selbstversorger ist man offenbar nicht so gefasst in den entlegeneren Weiten der Sierra de Segura. Am Ende eines langen Reisetags verspüren wir Hunger vor der andalusischen Essenszeit und auch wenig Lust auf Experimente in der örtlichen Restaurantszene. Unser Vorrat ist gut aufgefüllt und wir beschließen, den Abend auf der Veranda mit einfachen Schinkennudeln zu beschließen. Dafür sollten die zwei modernen Ceran-Kochfelder der mit eigenem Dunstabzug modern eingerichteten Küchenzeile leicht ausreichen. Hätten sie auch, es finden sich aber keine zwei Kochuntensilien, die nebeneinander auf die zwei Felder passen.

Schinkennudeln kann man auch in zwei nacheinander folgenden Arbeitsschritten zubereiten und morgen möchte ich ja unbedingt das im Netz hochgelobte Restaurant "La Mesa Segurensa" ausprobieren, deshalb stören uns diese Stolpersteine nicht besonders. Wer aber vor hat, einen längeren Wanderurlaub in der Sierra Segura und in den Huertos de la Segura zu verbringen und eine Selbstversorgung ins Auge fasst, sollte mit Anton zuvor auch das Küchenequipment anschauen. Er wird ganz sicher eine Lösung finden.

Wir sind jetzt erstmal geplättet von dem Reisetag und der im Vergleich zu Granada vollkommen anderen Szenerie, die sich vor uns auftut. Nachdem wir unser Gepäck und sämtliche Vorräte nach unten geschleppt haben, legt sie erst einmal ein Pausenschläfchen ein. Ich bin dazu viel zu aufgedreht ob der neuen Möglichkeiten und beschließe, Antons Vorschlag für einen Rundgang auszuprobieren. Den kann Lore wegen der steilen Treppen ohnehin nicht mitmachen und ich bekomme aufgetragen, die Anzahl der Stufen bis zum Restaurant zu zählen. In Conil am Strand schafft sie 80 ja immer.

Ähnlich wie Lore ihr Steinbockmärchen vermutet hat, mache ich mir in dem kleinen Bergdorf keine großen Hoffnungen auf Sensationen und sehe meinen Ausflug eher als "Füße vertreten" nach langen Stunden im Auto an. Sensation ist wie Kunst ein schwieriger Begriff. Jedenfalls werde ich in kürzester Zeit etwa dreißig Fotos verschossen haben und schwöre hoch und heilig, begriffen zu haben, dass eigentlich jedes Bergdorf in der Sierra einen Spaziergang wert ist, selbst wenn in keinem Reiseführer eine Silbe darüber vermerkt ist.

Wenn Sie dem Verlauf dieser Reise folgen möchten

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Anreise in den Naturpark über Orcera

Nervige Baustellen unter Baeza stören das Urlaubsgefühl. Nach Verlassen der Autobahn hinter Puente Genave entschädigen uns tolle Aussichten auf die Burg von Segura

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Steinbock, historische Quellen, Aussicht satt

Schon der Dorfplatz über der Kirche zeigt den Charakter eines weissen Dorfs. Der Rundgang durch steile Gassen gibt ein Gefühl für die historische Bedeutung dieses malerischen Bergortes

Und hier der Gesamtüberblick dieser Reise mit allen Berichten


© 2004-2014 by Martin Haisch Gastromartini gastrobetreuung.de

Zuletzt aktualisiert am 27. Mai 2014

Mit ausdrücklichem Dank an Apachefriends und alle Open-Source-Entwickler, deren Arbeit solche Projekte erst ermöglicht
sowie an Lore für Begleitung und Ertragen programmierungstechnisch bedingter Abwesenheiten

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